Autscape

Am Mittwoch, den 28. August 2024 haben wir (das sind Iris, Samuel, Morgan, Mimi, Florian und Chiara) uns schon um 5:40 in der Früh am Flughafen Wien getroffen. Das Abenteuer Autscape begann!

Ausgerüstet mit unserem Handgepäck haben wir uns auf den Weg zum Check-in gemacht, und sind dann zum Assistance-Desk gegangen. Iris hat schon im Vorhinein eMails an den Flughafen geschrieben, damit unsere (sehr autistische) kleine Reisegruppe Unterstützung bei der Navigation durch den Flughafen erhält. Außerdem waren einige von uns mit Sunflower-Lanyards ausgestattet, die signalisieren, dass man eine unsichtbare Behinderung (wie Autismus) hat. Der Flughafen Wien bietet diese Lanyards seit letztem Jahr an.

Beim Assistance Desk mussten wir erst mal mehr als eine halbe Stunde warten, bis wir abgeholt wurden. Zum Glück konnten wir uns hinsetzen. Dann ist ein freundlicher Mann gekommen, der unsere Begleitung/Assistance war. So sind wir schnell und ohne viel Stress durch die Sicherheitskontrolle gekommen, was sehr wertvoll für uns war.

Nach den Kontrollen sind wir auf ein lustiges Flughafenauto aufgestiegen. Es war ein bisschen so wie ein Golfwagerl, und wohl nicht für so viele Menschen mit Gepäck ausgelegt. Es war eng und wir haben uns gut festhalten müssen, aber es war auch sehr lustig. Wir sind auch nur etwa 20m gefahren und sind dann wieder abgestiegen, weil wir schon beim Gate waren. Da hatten wir dann noch kurz Zeit, um aufs Klo zu gehen, und dann wurden wir wieder mit dem Flughafenauto-Golfwagerl abgeholt und zu einem lustigen fahrbahren Container gebracht, mit dem wir dann direkt zum Flugzeug gefahren wurden. Wir konnten nah beieinander und recht weit vorne sitzen, das war gut. Außerdem war zufällig auch einer von meinen (Chiara) Hochschullehrenden im Flugzeug, das war lustig.

So sind wir dann Richtung London geflogen. Die Flugzeit von über 2 Stunden haben wir vielfältig genutzt, zum Beispiel mit Lesen und miteinander reden. Wir waren froh, als wir dann endlich in London angekommen sind. Wir sind durch die Passkontrolle gegangen und haben dann schnell den Bahnhof gesucht, um mit der Elizabeth-Line und dem ThamesLink nach London St. Pancras zu fahren. Dort angekommen waren wir auch schon hungrig und haben uns für die bevorstehende mehrstündige Zugreise noch Proviant bei EL&N (einem sehr leckeren Bahnhofscafé) gekauft. Mit unseren InterRail Tickets sind wir dann in einen EMR Zug gestiegen und nach Chesterfield gefahren. Leider hatte der Zug in Chesterfield ein bisschen Verspätung, sodass wir unseren Anschlusszug nach Alfreton verpasst haben. Das wäre eigentlich nicht so schlimm gewesen, aber dann ist auch noch der nachfolgende Zug nach Alfreton einfach ausgefallen. Das war frustrierend. Dann hatten wir die Idee, ein Taxi nach Alfreton zu nehmen (so weit war der Weg nämlich nicht mehr). Glücklicherweise war am Bahnhof sogar ein Taxi mit 7 Sitzen verfügbar. Die beiden hinteren Sitzen waren allerdings sehr eng und eigentlich im Kofferraum, sodass es im Kofferaum keinen Stauraum mehr für unsere Koffer gab. Die mussten wir dann teilweise die ganze Fahrt über auf unseren Schößen halten, was sehr eng war.

Wir waren alle sehr froh, als wir endlich im ‚the Hayes‘ Konferenzzentrum in Alfreton angekommen sind, wo die Autscape stattfand. Das Hauptgebäude ist bereits über 100 Jahre alt und wirkt wie ein altes englisches Herrenhaus. Da wir sehr früh dran waren, konnten wir unsere Zimmer nicht direkt beziehen. Stattdessen haben wir es uns auf den bequemen Sofas und Sesseln in der wunderschönen Vinery gemütlich gemacht und uns dort etwas von der Reise erholt. Einige von uns haben die Zeit auch genutzt um das Haus und Gelände etwas zu erkunden. Mimi und ich (Chiara) haben wenig später begonnen, unseren kleinen Selling Table aufzubauen, bei dem wir mitgebrachte selbst gebastelte Armbänder, Buttons, Kommunikationskärtchen, Lesezeichen und mehr gegen eine freie Spende verkauft haben. Damit wir nicht durchgehend beim Stand stehen müssen haben wir eine Honesty Box (ein dekorierter Schuhkarton mit einem Schlitz oben) aufgestellt, in die Spenden geworfen werden konnten.

Bald darauf konnten wir schon unsere Zimmer beziehen. Wie angegeben waren unsere Zimmer direkt nebeneinander oder gegenüber, darüber haben wir uns gefreut. Unsere Zimmer waren gut ausgestattet und gemütlich. Allerdings war es durchgehend etwas kühl, womöglich weil wir die Wiener Augusthitze mittlerweile gewohnt waren, und es in Großbritannien teilweise 15 Grad kälter war als in Wien. Deswegen haben einige von uns auch die Heizung der Zimmer genutzt.

Den Nachmittag haben wir unterschiedlich genutzt: Gepäck auspacken, ausruhen, erkunden, das Programm durchschauen… Unser Vereinsmitglied Hristina, die schon einige Tage vor uns nach Großbritannien gereist ist und erst nach uns bei der Autscape angekommen ist, ist dann auch zu uns gestoßen.

Vor dem Abendessen gab es noch eine Begrüßung in der Main Conference Hall mit vielen Informationen über die nächsten Tage. Das meiste davon stand glücklicherweise auch im Autscape Handbuch.

Nach dieser Begrüßung gab es Abendessen. Wir haben uns alle zusammen an einen großen runden Tisch in die hinterste Ecke der regulären Dining Hall gesetzt. An diesem Tisch sind wir dann auch bei fast jeder Mahlzeit als Gruppe gesessen und haben gemeinsam gegessen, manchmal haben sich auch andere zu uns gesetzt. So haben wir auch neue Leute kennengelernt. Bei der Autscape gibt es zwei Dining Halls, eine ruhige, in der nicht gesprochen werden darf, und eine reguläre. Es gibt zu jeder Mahlzeit ein Buffet mit Auswahl an verschiedenen Speisen. Teils kannten wir die Gerichte gar nicht, weil sie sehr klassisch britisch waren. Manche hatten auch sehr interessante Namen, wie beispielsweise ‚Toad in a Hole‘ (Kröte in einem Loch).

Am Abend gibt es bei der Autscape immer ein Abendprogramm, am ersten Abend war das ‚Sparklies in the Dark‘. Diese Veranstaltung beinhaltet eine abgedunkelte Turnhalle und viele leuchtende Gegenstände. Alle bekommen ein Knicklicht. Manche tanzen. Ich finde, es sah sehr schön aus. Allerdings waren wir alle schon ziemlich müde und sind nicht allzu lange geblieben, bevor wir schlafen gegangen sind.

Am nächsten Morgen hat dann unser erster ganzer Autscape-Tag gestartet. Um 7:50 haben wir uns vor unseren Zimmern getroffen, um pünktlich um 8:00 gemeinsam frühstücken zu gehen. Beim Frühstück haben einige von uns eine besondere Vorliebe für Baked Beans entdeckt, während andere damit begonnen haben, eindrucksvolle Sandwiches zu bauen. Der Apfelsaft beim Frühstück hat einigen von uns besonders gut geschmeckt. Schade war, dass die Gläser so klein waren – so musste man entweder öfter zu den Getränkespendern gehen oder gleich zwei Gläser holen.

Bei der Autscape werden eine Vielzahl von Vorträgen, Workshops, und Aktivitäten teilweise parallel angeboten. Somit haben unsere Tage ganz unterschiedlich ausgesehen. Einige von uns haben auch viel Zeit im Zimmer verbracht und geschlafen, um sich von dem ganzen Trubel zu erholen. Hier einige der Aktivitäten, die manche von uns während der Autscape besucht haben:

  • Ears for All – Katzenohren aus Papier basteln
  • African Drum Workshop
  • Craftivism for Autistic Joy (mit Sara von unserer portugiesischen Erasmus-Partnerorganisation für das Aut-of-the-Box Projekt)
  • Current EUCAP Projects Presentation
  • Autistic Teachers Meet up
  • Hemp Cord Bracelet Making Workshop
  • Applied Needs Analysis – neuroinclusive support for autistic people
  • Writing Workshop
  • Tabletop Roleplaying
  • Drama Workshop

Bei den Lightning Talks habe ich (Chiara) auch teilgenommen und einen kurzen Talk gehalten, bei dem ich auch über meine Erfahrungen als autistische Lehrerin in meiner Schule geredet habe.

Meine zwölfjährige Schwester Mimi hat viel Zeit in der Kinderbetreuung verbracht, aber auch verschiedene Workshops mit mir besucht. Wie letztes Jahr hat ihr die Kinderbetreuung gut gefallen. Die Sprachbarriere ist für sie kein Problem mehr. Auch wir andere sind gut mit unserem Englisch zurecht gekommen. Es gab viele spannende Gespräche mit anderen Teilnehmenden der Autscape. Wir haben nicht nur Leute aus Großbritannien kennengelernt, sondern auch aus anderen Ländern von innerhalb und auch außerhalb von Europa. Wir haben einige Kontakte ausgetauscht und hoffen auf einige Wiedersehen nächstes Jahr.

Der Hauptteil der Autscape war bereits am Samstag (31.8.) zu Ende, wir haben aber schon im Vorhinein einen Extra Day dazu gebucht um noch einen Tag länger bleiben zu können. Da gab es nicht mehr viel Programm, so hatten wir noch viel Zeit, uns mit anderen Teilnehmenden zu unterhalten und uns auszuruhen. Wir sind auch wieder in der Vinery gesessen und haben zusammen Make-It-Meme und Stadt-Land-Fluss gespielt. Außerdem haben einige von uns Zeit im schön hergerichteten Sensory Room verbracht.

Am Samstag Abend hat sich uns noch eine große Frage gestellt: Wie kommen wir zum Flughafen? Wir haben uns entschieden, ein Taxi nach Derby zu nehmen, da so früh wie wir fahren wollten noch kein Autscape-Shuttle zum Bahnhof in Alfreton gefahren wäre. Außerdem fahren von Derby (anders als von Alfreton) direkt schnelle EMS Züge nach London St. Pancras.

So haben wir es am Sonntag (1.9.2024) dann auch gemacht. In aller Frühe haben wir fertig zusammengepackt und uns vor den Zimmern getroffen. Wir haben unsere Zimmerkarten abgegeben und hatten dann 10 Minuten Zeit zum Frühstücken – wir mussten schnell sein, denn die beiden Taxis haben uns schon zehn Minuten nach dem Frühstücksbeginn abgeholt. Wir haben uns noch von einigen neuen Freund:innen verabschiedet und dann die Rückreise angetreten. Die Taxifahrt nach Derby verlief sehr ruhig – dieses mal hatten wir (anders als bei der Hinreise) zwei Taxis und somit genügend Platz für uns und unser Gepäck. Im Zug von Derby nach London war das anders – der Zug war leider sehr voll und die meisten Plätze waren reserviert. Das war stressig. Endlich in London angekommen haben wir wieder bei EL&N gegessen und einige von uns haben bei einem Bahnhofsbuchladen etwas gestöbert, bevor wir dann wieder mit dem Thameslink und der Elizabeth Line zum Flughafen nach Heathrow gefahren sind. Dort haben wir wieder eine freundliche Begleitung bekommen. Am Flughafen hatten wir auch noch genug Zeit um etwas durch die dortigen Geschäfte zu schauen und Snacks (wie Essigchips und Rice Crispy Treats) zu kaufen. Wir konnten auch bei einem Wasserspender unsere Wasserflaschen auffüllen. Es gab auch extra einen eigenen ruhigen Wartebereich, in dem wir warten konnten, das war gut. Dann war es auch schon Zeit ins Flugzeug zu steigen. Das pre-Boarding war für mich persönlich besonders hilfreich, da es für mich wesentlich stressfreier ist als das normale Boarding.

Unser Flugzeug ist etwas verspätet abgeflogen, konnte dann aber fast pünktlich in Wien landen. Mein persönliches Highlight beim Rückflug war, dass ich die Seestadt, in der ich wohne, von oben entdeckt habe. Ich konnte sogar das Haus, in dem meine WG ist, sehen.

Und dann waren wir auch schon zurück in Österreich und haben uns individuell auf die weitere Heimreise begeben.

https://autscape.org/


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